In der politischen Diskussion kommen gelegentlich die Begriffe "vorbeugende" und "nachsorgende Sozialpolitik" zum Einsatz. In den letzten Jahren wurde - auch überregional - das Kabinett von Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW), mit dem Ansatz der vorbeugenden Sozialpolitik (Motto: "Kein Kind zurück lassen") in Verbindung gebracht.
Das Landesbüro NRW der Friedrich-Ebert-Stiftung hat ein achtseitiges Diskussionspapier herausgegeben, das danach fragt, in welcher Form das Konzept der vorbeugenden Sozialpolitik weiterentwickelt werden kann.
Der aktuelle Wissenssnack greift eine kurze Passage des Papiers auf, das die markanten Logiken und Unterschiede der beiden sozialpolitischen Konzepte in tabellarischer Form auflistet.
Die treibende politische Kraft vorbeugender Sozialpolitik ist die Sozialdemokratie. Im Berliner Programm der SPD von 1989 und im Hamburger Programm von 2007 hat diese Idee einen prominenten Platz gefunden:
„Vorsorgende Sozialpolitik will Sicherheit, Teilhabe und Emanzipation für alle verwirklichen – unabhängig von sozialer Herkunft, Geschlecht, Lebensalter oder einer Behinderung“.
Damit soll der Sozialstaat ausdrücklich über seine konservativen, Bismarckschen Wurzeln hinaus weiterentwickelt werden. Der Sozialstaat ist für die Sozialdemokratie ein gesellschaftliches Projekt, das notlagen-, emanzipations- und gerechtigkeitsorientiert ist. Ein besonderer Akzent, der nicht zuletzt der Tradition der Arbeiterbewegung geschuldet ist, zielt auf die gesellschaftlichen Integrations- und Aufstiegschancen qua Bildung, Arbeit und Leistung, um die Abhängigkeit von der Herkunft aufzubrechen.
Im Vergleich zur klassischen Sozialpolitik ist die vorbeugende Sozialpolitik deshalb bestrebt, die Bildungspolitik viel offensiver als Teil der Sozialpolitik zu begreifen, um Aufstiegsperspektiven zu ermöglichen. (...) .
Die nachfolgende Tabelle zeigt zusammenfassend einige markante Unterschiede zwischen den idealtypischen Logiken einer stärker nachsorgenden und einer stärker vorbeugenden Sozialstaatspolitik auf.